O Sprache!
Die Gelehrten streiten sich seit tausenden von Jahren, was und wozu eigentlich Sprache da ist. Vorherrschend war lange die Meinung, Sprache diene dazu, dass Menschen sich untereinander verständigen. Dass dem nicht so ist, zeigt schon ein kurzer Blick auf die Sprachgewohnheiten von Mann und Frau. Möchte ein Mann zum Beispiel seiner Liebsten von einer Reise etwas mitbringen, haucht sie meistens: “Aber nur eine Kleinigkeit!” Ein Mann fasst dieses Wort leider von Natur aus eher pekuniär auf und denkt an ca. 10 - 20 €, täuscht sich aber mitunter schrecklich, wenn er erwartet, seine Liebste würde beim Anblick einer derartigen Kleinigkeit, etwa eines Berliner Bären für 19,95 € entzückt sein, denn SIE denkt bei Kleinigkeiten an einen kleinen Flacon Chanel No. 5 oder an einen Ring mit einem wirklich kleinen Diamanten (”0,5 kt ist doch wirklich nicht viel, Liebster, und für die Fassung reicht doch 585er Gold!”).
Ist also schon hier Sprache eindeutig kein Mittel zur Verständigung, sondern eher ein gern benutztes
Mittel zur Verschleierung der wirklichen Absicht, wird auch klar, warum wir im Straßenbild unserer Städte, und auch in Schaufenstern, seit einiger Zeit zunehmend sogenannte englische Bezeichnungen finden. Wenn in Bahnhöfen etwas von “Service point” steht, können wir uns darauf verlassen, dass wir dort niemanden finden, der uns etwa den Koffer trägt, sondern allenfalls jemanden, der uns den Weg über viele Treppen zum Bahnsteig weist, wo wir dann selber sehen können, wie wir unser Gepäck transportieren. Die Rolltrolley - Branche dankt es dem Bahnvorstand. Beschwerden und Hinweise auf den Sinn des Wortes “Service point” werden von den Verantwortlichen leicht und elegant damit gekontert, sie selbst könnten ja nicht so gut Englisch…